Das Universum schafft künstlerisch. Um mit ihm zu kommunizieren müssen wir kreativ sein.
Ulrike Hinrichs
Während meine Eltern in den 1970er mit Religion nichts am Hut hatten, ging ich mit meiner Großmutter in der Diaspora in Hamburg oft in die Kirche. Sie stammte aus Aachen und war erzkatholisch. Ich lernte von ihr all die Mythen und Geschichten um Jesus von Nazareth. Es gab viele Gebete, die ich in der Kirche mitsprechen konnte. Ich lernte das Glaubensbekenntnis, in dem mich ein Satz über Jesus Christus besonders beeindruckte: „hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel …“

Wie sollte das gehen? Ein Toter fährt in den Himmel wie mit einem Fahrstuhl? Ich war verwirrt, fragte mich, wo all die seit Jahrhunderten Verstorbenen Platz finden sollten. Der Himmel müsste maßlos überfüllt sein, sinnierte ich in meiner kindlichen Naivität. Je älter ich wurde, desto mehr zweifelte ich an all den Regeln und Vorschriften, die mich die katholische Kirche lehrte. Leider brachte mich das ganze System Kirche ganz weg von spirituellen Gedanken. Ich glaubte fest an das, was mir in der Schule, unserer Gesellschaft, beigebracht wurde: Die Welt, sogar der Mensch, funktionieren wie eine Maschine. Bewusstsein wird vom Gehirn produziert. Der Stärkere setzt sich durch. Die ganze evolutionäre Entwicklung ist mit „Zufällen“ zu erklären. Und so weiter und so fort.
Es sollte Jahrzehnte dauern, bis ich mich wieder für spirituelle Themen öffnen konnte. Paradoxerweise war es die Wissenschaft, die mich an neue Impulse und Perspektiven führte. Immer öfter begegnete mir die Verbindung zwischen Wissenschaft und Spiritualität. In verschiedenen wissenschaftlichen Fachgebieten breitete sich die Idee einer holistischen Weltsicht jenseits der materialistischen Perspektive immer mehr aus (ausführlich dazu in meinem Buch Kunst als Sprache der Intuition). Wir sind alle miteinander verbunden. Wir sind Teil des Ganzen und spiegeln gleichzeitig das Ganze. Wir können über große Distanzen hinweg, ohne körperliche Anwesenheit, miteinander in Kontakt sein. Die Welt ist ein lebender Organismus, der wiederum Teil eines lebendigen Universums ist.
Was mich besonders faszinierte waren die neuen Idee der Quantenphysik, wonach es mehr als die drei uns bekannten Dimensionen gibt. Albert Einstein brachte bereits die vierte Dimension (Raum-Zeit) mit ins Spiel. Mittlerweile gibt es Wissenschaftler, die von teils bis zu zwölf Dimensionen (zum Beispiel der Physiker Burkhard Heim) ausgehen. Und es entwickelte sich die Annahme, dass unser Bewusstsein eine Dimension des Universums darstellt. Das würde bedeuten, dass das individuelle Bewusstsein als Teil eines größeren universellen Bewusstseins, vergleichbar mit einer Welle im Ozean, zur Entwicklung des gesamten Bewusstseinsfeldes beiträgt. So wie es elektromagnetische Felder oder Gravitationsfelder gibt, bestehen Bewusstseinsfelder, die Bestandteil der universellen Prinzipien sind. Das ganze Universum entwickelt sich durch unser Bewusstsein weiter. Und wenn wir auf die gesamte Menschheitsgeschichte blicken, dann sehen wir tatsächlich eine beeindruckende evolutionäre Entwicklung, einen gigantischen Zuwachs an Wissen bis hin zu einer globalen Vernetzung der Menschheit durch die heute mögliche virtuelle Verbindung im Internet.
Die Wissenschaft entwickelt sich mit der Menschheit weiter, bringt neue Erkenntnisse und Perspektiven. Sie schafft gleichzeitig immer nur eine Momentaufnahme auf die gerade aktuelle Zeit. Oder um es mit dem Mediziner und Coach Dr. Hans Hein zu sagen, der das Vorwort zu meinem Buch „Kunst als Sprache der Intuition“ geschrieben hat:
Wissenschaft ist der gegenwärtige Stand des Irrtums
Hans Hein
Wenn wir uns also auf die Idee einlassen, dass Bewusstsein ein Teil des gesamten Universums ist, dann müsste das Bewusstsein eines Menschen nach dem Tod erhalten bleiben. Wie eine Welle im großen Meer verschwindet, könnte auch das individuelle Bewusstsein ins Bewusstseinsfeld eintauchen. Davon gehen im Übrigen alle Religionen und spirituellen Lehren aus.
Eine Frage bleibt offen, nämlich ob dieses „individuelle Bewusstsein“ dann noch „wiederzufinden“ ist im großen Ganzen. Oder um es mit anderen Worten auszudrücken: können wir Lebenden mit diesen Bewusstseinsrückständen in Kontakt kommen? Denn alles ist Energie, alles ist verbunden. Schamanen, Medien, spirituelle Lehrer gehen ganz selbstverständlich in Kontakt mit ihren Ahnen.
Meine Neugierde zu dieser Frage spülte mich ins Arthur Findlay College, das ich erstmals 2008 besuchte. Es ist weltweit das einzige College, das sich ausschließlich der spirituellen Philosophie widmet. Als ich mich mit dem Taxi vom Flughafen London Standsted dem Anwesen näherte, überwältigte mich das „Harry-Potter-Schloss“, das sich aus dem Grün der englischen Landschaft emporhob.

Hochkarätige Medien aus ganz England lehren hier den Kontakt zur „spirituellen Welt“. Menschen aus allen Teilen der Erde, Australien, Asien, USA, Europa, Afrika, finden sich im College zusammen. Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Ich war überwältigt. Zehn Jahre später besuchte ich in diesem spirituellen Wunderland einen Kurs bei Alan Stuttle, der den Kontakt zur „spirituellen Welt“ über den künstlerischen Ausdruck herstellt. Und vor kurzem absolvierte ich nun einen online Kurs des Arthur Findlay Colloge „Portraits from Heaven“ bei Lynn Cottrell, die ebenfalls mit der Kunst arbeitet. Mich beeindruckt immer wieder, wie einfach und spielerisch eine Verbindung zum Bewusstseinsfeld über den künstlerischen Ausdruck funktioniert. Die Kunst ist die Sprache des Universums. Das Universum schafft künstlerisch.
Soul to soul painting
Lynn Cottrell erklärte uns über den Kontakt mittels Kunst zum Bewusstseinsfeld etwas sehr wertvolles. Aus ihrer Sicht gibt es zwei Formen des Zugangs. Wir können den Kontakt intuitiv von Herz zu Herz etwa über den künstlerischen Ausdruck herstellen. Lynn nennt es Soul-to-soul painting. Wir fühlen uns in den anderen ein, bekommen dadurch Zugang zu der Welt und den Themen des anderen. Im Kunstwerk drücken sich die oft noch unbewussten Anliegen in Symbolen und Bildern aus. Ich erkannte in dieser Beschreibung meine Arbeit in der Kunsttherapie. Ich nenne es „Kunst als Sprache der Intuition“. Die Kunst dient uns als Übersetzungshilfe für Informationen aus dem Feld.
Spirit world
Lynn berichtete sodann über den zweiten Zugangskanal zu Feldinformationen. Als Medium nehme sie direkt mit der „spirituellen Welt“ Kontakt auf und ließe sich von den „Guides“ in der geistigen Welt führen. Sie sagen und zeigen ihr, was gesehen werden will.
Ich habe mich auf diese Idee eingelassen, auch wenn ich einen solchen Kontakt nicht glaubte herstellen zu können. Ich experimentiere gern und lasse mich überraschen, was sich mir zeigt, wenn ich alle Vorgaben und Einschränkungen beiseitelege.
Während einer Übung entstand das hier abgebildete Portrait einer alten Schamanin, die mir kürzlich schon einmal in einem anderen Kontext bei einer schamanischen Ahnenmediation begegnet ist. Ich war beeindruckt, berührt und verwundert. Für mich fühlt sie sich wie eine Seelenführerin an.
Ich traute mir im Laufe der Übungen nun immer mehr zu, auch für mein Gegenüber „Portraits from Heaven“ zu malen und die mir gebotenen Informationen preiszugeben. Eine wichtige Lernerfahrung war für mich, dass ich mutig genug sein musste, wirklich all das auszusprechen, was sich mir zeigte, auch wenn ich Sorge hatte, ob mein Gegenüber damit irgendetwas anfangen kann. Es war für mich magisch zu erleben, wie viel der von mir erlangten Informationen, von Nationalsozialismus über Autounfall bis Banalitäten wie Lakoste-Hemd, bei meinen Übungs-Klient*innen passte.
Ich möchte jedem, der sich für diese Weltsicht öffnen kann, den Zugang über die Kunst nahelegen. Wenn ich von Kunst spreche, dann geht es um den authentischen Ausdruck, jenseits irgendwelcher Bewertungen. Die Kunst ist eine Form des wilden assoziativen Denkens. Sie dient als Übersetzungshilfe für Informationen aus dem Bewusstseinsfeld.

Ulrike Hinrichs ist intermediale Kunsttherapeutin (Master of Expressive Arts), Heilpraktikerin für Psychotherapie, Mediatorin, kreativer Coach, NLP Master, Ausbilderin für Kreative Therapien und Autorin. Sie versteht und nutzt den künstlerischen Ausdruck als eine integrative und allverständliche Sprache der Intuition. In ihrer Heimat Hamburg initiiert sie künstlerisch-kulturelle Integrationsprojekte mit Bürger*innen aus dem Stadtteil, um die Kunst auch als kollektive Ausdrucksform für gesellschaftsrelevante Themen zu nutzen. http://www.lösungskunst.com
Ulrike Hinrichs ist Autorin des Fachbuchs
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